"Hardware ist nur sekundär"

  • Digitalisierung an Katholischen Schulen | 15.10.2020

Wieso muss sich Schule heute mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen? Was bedeutet das speziell für Katholische Schulen? Und wie muss die Bildung von morgen aussehen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich die Teilnehmenden der diesjährigen Pädagogischen Woche im Erzbistum Köln unter dem Motto „DIGI:Tales“. Am Dienstag der Fortbildungswoche drehte sich alles um Katholische Schulen.

 

Das Thema „DIGI:Tales. Religiöses Lernen und digitale Transformationen“ der diesjährigen Pädagogischen Woche des Erzbistums Köln hätte aktueller nicht sein können. Seit Monaten stellen die Auswirkungen der Corona-Pandemie Bildungsverantwortliche, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern vor große Herausforderungen. Doch wie verändert die Digitalisierung Schule und Unterricht? Wo liegen Chancen und Grenzen der digitalen Transformationen im Bildungsbereich? Diese Fragen diskutierten Pädagoginnen und Pädagogen am Dienstag, den 6. Oktober im Kölner Maternushaus. Der zweite Tag der Veranstaltung vom 5. bis 9. Oktober richtete sich speziell an die Lehrerinnen und Lehrer der insgesamt 33 Katholischen Schulen in Trägerschaft des Erzbistums Köln.

Chancen der Digitalität für die Schule

„Der Mehrwert der Digitalität besteht nicht darin, alte Ziele schneller zu erreichen“, sagte Thomas Pitsch, Leiter der Abteilung Katholische Schulen in Freier Trägerschaft, in seiner Begrüßung. Vielmehr könne die Digitalität die Zieldimensionen des Unterrichts signifikant erweitern. Für einen verantwortungsvollen Umgang müsse es neben einer inhaltlichen Beschäftigung aber auch eine grundlegende Auseinandersetzung mit digitalen Prozessen geben. „Zum Beispiel eine Reflexion darüber, ob die ersten drei Treffer bei Google tatsächlich die Wirklichkeit abbilden“, betonte Pitsch. Nur wenige Wochen zuvor hatte das Erzbistum Köln die Pädagoginnen und Pädagogen seiner Katholischen Schulen mit Tablet-PCs ausgestattet. In einem nächsten Schritt soll es Schulungen für die Lehrkräfte geben.

Elternvertreter: „Machen bisher viel wie vorher, nur mit digitalen Hilfsmitteln“

In einer anschließenden Podiumsdiskussion unter dem Titel „Corona als Katalysator schulischer Digitalisierung“ gaben Verantwortliche aus Schule und Bildung weitere Einblicke in das Tagungsthema. Auf die Eingangsfrage des Moderators Dominik Schwartz von der Erzbischöflichen Schulabteilung, wieso sich Schule heute mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen müsse, hatte Frajo Ligmann eine klare Antwort. „Das Gegenteil fände ich absurd. Wir können uns nicht so von der Gesellschaft abkoppeln“, sagte der Lehrer und Experte für Digitalisierung in der Bildung. Der Vorsitzende der Schulpflegschaft der St. Anna-Schule in Wuppertal, Andre Burkhard, ergänzte, Schule müsse die Chancen nutzen, die Digitalisierung biete. „Bisher machen wir viel wie vorher, nur mit digitalen Hilfsmitteln. Ich glaube, dass da noch viel mehr möglich ist“, betonte der Elternvertreter.

Schulleiter: „Hardware ist nur sekundär“

An Grenzen stoße die Digitalisierung im Kontext Schule überall dort, wo es darum gehe, miteinander ins Gespräch zu kommen, sagte Andreas Haermeyer, der als Schulseelsorger für das Clara-Fey-Gymnasium und das Kardinal-Frings-Gymnasium zuständig ist. „Das Manko ist die fehlende direkte Begegnung“, so der Pfarrer. Damit der digitale Wandel gelinge, müssten die Kollegien in die Prozesse hereingeholt werden, erklärte Benedikt Stratmann, Schulleiter der Wuppertaler St. Anna-Schule. Hardware sei dabei nur sekundär.

Den Beginn der Schulschließungen im März habe er „wie die seismografische Beobachtung eines Vulkanausbruchs“ in Erinnerung. Technisch sei die Schule aber gut auf das Lernen auf Distanz vorbereitet gewesen. Das Wuppertaler Gymnasium gilt als Vorreiter im Bereich der Digitalisierung im Kontext Schule. Auch Caroline Raab, Schülerin am St.-Ursula-Gymnasium in Brühl, kann sich noch gut an diese Zeit erinnern. „Einige Lehrer hatten schon vorab nach Email-Adressen gefragt. Die Erste Woche war dann aber erstmal ein Sprung ins kalte Wasser“, erzählte die Schülersprecherin. Insgesamt hätten aber alle Schülerinnen und Schüler, die Möglichkeit gehabt, am Distanzunterricht teilzunehmen.

Verbindlichkeiten, Vernetzung und Austausch mit den Schülern

Mit Blick auf die Frage, wie die vorhandene Technik genutzt werde, forderten viele der Experten auf dem Podium ein Umdenken. „Moodle wurde bei uns ausschließlich dazu genutzt, digitale Arbeitsblätter auszugeben. Damit war Einzelarbeit die einzig genutzte Sozialform“, kritisierte Ligmann. Schulleiter Stratmann ermutigte, auch in den Prozessen, Denkweisen und Lehrmetoden digital zu werden. Im Bereich der genutzten Medien funktioniere das bereits sehr gut. „Es fehlen ganz häufig auch Standards für digitale Aufgabenformate. Standards für Rückmeldungen. Da ist viel Arbeit, da sind ganz viele Strukturen und Prozesse nötig. Aber ich bin optimistisch, dass das möglich ist und dann auch entlastend wirkt“, erklärte Stratmann. Zudem seien Verbindlichkeiten, Vernetzung auch über Schulgrenzen hinaus sowie der Austausch mit den Schülerinnen und Schülern wichtig.

Schüler zu medienkritischen Urteilen befähigen

Auch mit Blick auf die Katholischen Schulen biete die Digitalisierung die Chance auf eine stärkere Vernetzung, sagte Thomas Pitsch als Vertreter des Schulträgers Erzbistum Köln. So könnten Gemeinsamkeiten verstetigt und letztlich auch die katholische Identität der Schulen gestärkt werden. Schulleiter Stratmann betonte, es gehöre zum Auftrag Katholischer Schulen, digitale Prozesse zu begleiten und Schülerinnen und Schüler zu medienkritischen Urteilen zu befähigen. „Wir müssen auch in der Schule gemeinsam hinterfragen, nach Antworten suchen, auch mal Fehler machen dürfen. Das gilt übrigens auch für die Lehrer“, ergänzte Schulseelsorger Haermeyer. Dafür bedürfe es neben der technischen Ausstattung dann aber auch zeitliche Ressourcen für die Mitarbeitenden an den Schulen, um sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung zu beschäftigen.

Workshops und Seminare zum Tagungsthema

Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden Seminare und Workshops rund um das Tagungsmotto „DIGI:Tales“ besuchen. Das Angebot reichte von einer Einführung in das Basistool Moodle bis zu Praxisbeispielen für die Umsetzung der Digitalisierung im Religionsunterricht. Ein Großteil der Angebote wurde von Lehrerinnen und Lehrern der St. Anna-Schule in Wuppertal umgesetzt.

38. Pädagogische Woche unter Corona-Bedingungen

Die Pädagogische Woche ist laut Angaben des Erzbistums Köln die größte regelmäßige Fortbildungsveranstaltung für den katholischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen, normalerweise mit jährlich zwischen 800 und 1.000 Teilnehmenden. Durch die Corona-Pandemie konnten in diesem Jahr nur rund 550 Pädagoginnen und Pädagogen die Veranstaltung vor Ort besuchen. Die Fortbildungswoche wird von der Hauptabteilung Schule/Hochschule des Erzbistums Köln in Kooperation mit dem Institut für Lehrerfortbildung (IfL) organisiert und findet in diesem Jahr zum 38. Mal statt.

(mam)

 

 

Kontakt:

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Abteilung Katholische freie Schulen im Erzbistum Köln