Insgesamt 200 bildungsverantwortliche Multiplikatoren und Schulleitende aus den konfessionellen Schulen aller Schularten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sowie Verantwortliche aus Kultusministerien waren der Einladung zum ersten ökumenischen Bundeskongress evangelischer und katholischer Schulen nach Aachen gefolgt. Während der Veranstaltung vom 25. bis 27. September standen geistliche und fachliche Impulse, Workshops, Gespräche, sowie Begegnungen vor Ort und bei Schulbesuchen in den europäischen Nachbarländern auf dem Programm.
Kirchliche Schulen und die Idee Europa
Im Namen der Veranstalter eröffneten die Leiterin der Abteilung Schule und Bildung im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland Henrike Tetz und der Leiter der Abteilung Schule und Hochschule im Bistum Aachen Carsten Gier am Mittwochabend den Bundeskongress in der City-Kirche in Aachen. „Seit 1200 Jahren ist Aachen ein Kristallisationsort christlicher Bildung in europäischer Perspektive. Daher steht der Kongress unter dem Thema „lernen.glauben.leben. – Gemeinsam in Europa“, sagten Tetz und Gier in ihrer Begrüßung. Und weiter: „Die Idee Europa prägt unser Leben und das Leben der Schülerinnen und Schüler, deren Bildungswege wir in evangelischen und katholischen Schulen unterstützen und begleiten. Und wir sehen, dass die Idee Europa immer weiterentwickelt wird, aber auch gefährdet ist. Wie also geht „lernen.glauben.leben gemeinsam in Europa“ und welche Aufgaben und Möglichkeiten haben evangelische und katholische Schulen in diesem Zusammenhang?“
Latzel: „Bildung war für meine Eltern etwas Heiliges“
Anschließend begann der Kongress inhaltlich mit einem geistlichen Impuls von Thorsten Latzel, Präses der Evangelische Kirche im Rheinland. In seinem Impuls zu Psalm 32,8 betonte er: „Bildung war für meine Eltern etwas Heiliges. Es war die Verheißung von Aufstieg, Entfaltung, Freiheit, dass wir als Kinder es einmal besser haben sollten. Christliche Schulen vermitteln eine Haltung unbedingter Gott-, Welt- und Lebensoffenheit.“ Dies gründe theologisch in der „Lerngeschichte Gottes“. Sie seien Orte der Hoffnung, der praktizierten Feindesliebe und „ungestillten Sehnsucht, dass noch nicht erschienen ist, wer wir sein werden“. Dies sei aktuell wichtig, gerade im Gegenüber zu religiösen Fundamentalismen und nationalistischen Selbstabgrenzungen.

Man müsse sich aber davor hüten, dass Schule immer die Antwort auf jedes gesellschaftliche Problem vorhalten solle, so Latzel weiter: „Das gilt auch für theologisch-kirchliche Erwartungen. Unsere Schulen stehen realiter natürlich wie alle kirchlichen Einrichtungen vor dem ganz normalen Wahnsinn des Alltags.“ Umso wichtiger sei aber die Idee, die dabei leite: „In, mit und unter all diesen Herausforderungen – christliche Schulen zu haben. Und mit ihnen beizutragen zu den großen Fragen unserer Zeit – und zur Hoffnung junger Menschen.“
Jung predigte über „Prinzip Hoffnung“
In einem ökumenischen Gottesdienst im Aachener Dom sprach Kirchenpräsident Volker Jung, stellvertretender Ratsvorsitzender der EKD, von der Hoffnung, die zum Leben dazugehöre und bei der deshalb immer die Gefahr bestehe, dass sie enttäuscht werde: „Besonders natürlich dann, wenn die Hoffnung überzogen und unberechtigt ist. Lehrerinnen und Lehrer tun gut daran, ihre Schülerinnen und Schüler bei Klassenarbeiten und Prüfungen vor dem ‚Prinzip Hoffnung‘ zu warnen. Allein zu hoffen, ohne das Nötige zu tun, geht natürlich nicht.“ Paulus aber mache die Hoffnung zum Glaubensprinzip, so Jung weiter: „Gott gibt Hoffnung, um Menschen zu stärken. Natürlich auch und gerade, wenn sie Schweres erleben. Aber auch, um ihnen Kraft zu geben, Gutes zu tun und füreinander da zu sein.“

Bischof Timmerevers betonte schulischen Beitrag zur Demokratieerziehung
Bischof Heinrich Timmerevers, Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz, stellte die Bedeutung christlicher Schulen für die Demokratie heraus. „In katholischen Schulen – und ich denke, das gilt für evangelische Schulen ebenso –, lernen Schülerinnen und Schüler in altersgerechter Weise Verantwortung für sich, für die Klassen- und Schulgemeinschaft zu übernehmen und sich für ein von Toleranz, Respekt und Wohlwollen geprägtes Miteinander einzusetzen. Damit leisten unsere Schulen einen wichtigen Beitrag zur Demokratieerziehung.“ Diese Aufgabe sei auch für die Zukunft Europas von großer Bedeutung. „Europa ist ein demokratisches Projekt.“
Schulbesuche in Aachen, Belgien und den Niederlanden
Für die Schulbesuche am Donnerstagmorgen standen acht evangelische und katholische Schulen, davon sechs in Aachen, sowie jeweils in Belgien und in den Niederlanden zur Auswahl. Darunter waren unter anderem die Aachener Domsingschule, die mobile Grund- und Gesamtschule für Circuskinder in NRW, die Bischöfliche Marienschule, das St. Ursula-Gymnasium und das Bischöfliche Pius-Gymnasium. In den Einrichtungen konnten sich die Besucherinnen und Besucher einen Eindruck von den vielfältigen Profilen konfessioneller Schulen machen.
Vortrag von Martin Schulz als Abschluss
Eine Podiumsdiskussion und ein Vortrag von Martin Schulz, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung und ehemaliger Präsident des EU-Parlaments, zum Thema „Leben für Europa – von der europäischen Idee im Europa heute“ schlossen den Kongress ab. Schulz begeisterte die Teilnehmenden mit einer lebendigen Rede über seine Beziehung zu Europa, die er eng mit seiner Biografie verknüpfte. Dafür erntete der ehemalige EU-Parlamentspräsident anhaltenden Beifall. An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Schulz der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers, Kirchenpräsident Volker Jung, die Vorsitzende der evangelischen Schulstiftung in Bayern Ute Wania-Olbrich und der Staatssekretär des Ministeriums für Bildung und Schule NRW Urban Mauer teil.

Am Rande der Veranstaltung sprach Martin Schulz mit dem Bistum Aachen zudem über sein Verständnis der Rolle von Schulen in der Bildungslandschaft:
Video: Martin Schulz über die Rolle von Schulen in der Bildungslandschaft
Schulkongress erstmalig in ökumenischem Format
Nach insgesamt zehn Bundeskongressen Katholischer Schulen fand der Bundesschulkongress in diesem Jahr vom 25. bis 27. September erstmalig im ökumenischen Format statt. Das komplette Programm ist hier:
Programm: Bundeskongress evangelischer und katholischer Schulen 2024
Weitere Informationen zu vergangenen Bundeskongressen katholischer Schulen finden Sie bei uns in der Rubrik Fortbildungen.
(mam)
Fotos: Luz Müller