Bildung gerecht gestalten

  • Fortbildungen | 14.03.2023

Bildung, die dem Leben dient: Unter diesem Motto waren die katholische und die evangelische Kirche mit einem gemeinsamen Stand auf der Bildungsmesse didacta 2023 in Stuttgart vertreten. Während der Messetage gaben Bildungsakteure aus Politik, Kirche und Wissenschaft Einblicke in ihre Arbeit und stellten sich am Freitag auf der Bühne des „Forum Bildungsperspektiven“ den Fragen von Moderator Daniel Schneider zum Thema gerechte Bildung.

 

Wie gelingt es, Bildung gerecht zu gestalten? Und welche Rolle spielen die gegenwärtigen Krisen dabei? Über diese und weitere Fragen diskutierten Theresa Schopper, Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Professor Michael Ebertz, Religionssoziologe und Theologe, am 10. März auf der didacta in Stuttgart.

Menschen in Bildung verhelfen

Mit Blick auf das Diskussionsthema Bildungsgerechtigkeit erinnerte sich Michael Ebertz an die Menschen, die ihn während seiner eigenen Schullaufbahn unterstützten. So seien Priester für ihn so etwas wie „Bildungshelfer gewesen, die meine Eltern davon überzeugt haben, dass ich auf das Gymnasium gehe“, berichtete der promovierte Soziologe und Theologe. Während seiner Lehrtätigkeit habe er immer wieder beobachtet, dass Menschen, die aus sogenannten fernen Bildungsschichten kamen, irgendwann in ihrem Leben eine Figur gehabt hätten, die sie bei ihrem Bildungserfolg unterstützt habe. An diesem Punkt könnten die Kirchen investieren, um Menschen in Bildung zu verhelfen. Als konkrete Idee nannte Ebertz zum Beispiel das Implementieren von Bildungspaten.

Wertevermittlung im Religionsunterricht

Die Grünen-Politikerin Theresa Schopper betonte, dass Lehrkräfte Kindern die Tore zur Bildung aufstoßen, „auch denen, die dies von zu Hause nicht mitbekommen“. Von den Kirchen wünsche sie sich vor allem Wertevermittlung im Religionsunterricht, die aber auch über den Bereich der religiösen Bildung hinaus zum Tragen komme. Zudem sollen die Kirchen ihrer Meinung nach besonders diejenigen unterstützen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stünden. „Jeder, der jemanden findet, der an einen glaubt, hat einen Support, der unschätzbar ist“, sagte die Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg.

 

„Corona hat gezeigt, was viele Menschen in persönlichen Krisen erleben: Dass uns so ein fieser Virus einfach lahmlegt und keiner ist daran schuld.“

 

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hob die Bedeutung der religiösen Bildung besonders in Krisenzeiten hervor. „Corona hat gezeigt, was viele Menschen in persönlichen Krisen erleben: Dass uns so ein fieser Virus einfach lahmlegt und keiner ist daran schuld“, erklärte der evangelische Theologe. In diesem Zusammenhang betonte er den Wert des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach. Michael Ebertz ergänzte, dass die Kirchen die Grundfähigkeiten des Selbsturteils und der Selbstreflexion vermittelten. „Das kann sehr quer kommen in der Wirtschaft, in der Politik, wenn man seinen eigenen Kopf hat“, erklärte der Professor. Wenn es die Kirche als Bildungsträgerin nicht mehr gäbe, würde die Gesellschaft kulturell verarmen, ergänzte Ebertz.

Kooperationen zwischen Kirche und Schule

Gohl betonte zudem, dass es vielerorts bereits gute Kooperationen zwischen Kirche und Schule gebe, zum Beispiel indem die kirchliche Jugendarbeit im Rahmen der Ganztagsbetreuung stattfinde. Eine Zusammenarbeit, von der laut dem Landesbischof beide Seiten profitieren. Der evangelische Pfarrer war zuvor unter anderem als Rettungssanitäter tätig. In dieser Zeit habe er gelernt, dass man sich nicht nur den Kindern zuwenden dürfe, die besonders laut schreien, sondern auch denen, die nichts mehr sagen.

Die Kirche auf der Bildungsmesse in Köln

An allen Messetagen der didacta 2023 gaben Pädagogen, Politiker und Bildungsakteure Einblicke in Themen rund um kirchliche Schulen, Religionsunterricht, Antisemitismusprävention und Digitalisierung. Die beiden Kirchen gehörten zu den rund 730 Ausstellern, die in diesem Jahr in Stuttgart vertreten waren. Vom 7. bis 11. März haben sich insgesamt etwa 56.000 Besucherinnen und Besucher über die Themenbereiche „Frühe Bildung“, „Schule/Hochschule“, „Berufliche Bildung“ und „Digitales“ informiert.

Von Maike Müller