Experten-Talks am Stand der Kirche

  • Fortbildungen | 14.03.2023

Am Stand der Kirche auf der Bildungsmesse gab es auch in diesem Jahr wieder Gespräche auf dem roten Sofa. An den Messetagen vom 7. bis 11. März nahmen täglich Experten aus Kirche, Schule und Gesellschaft darauf Platz und gaben in verschiedenen Formaten Einblicke in Themen wie digitale Erinnerungskultur, Augmented Reality im Unterricht, syrisch-orthodoxer Religionsunterricht, Nachhaltigkeit im Schulalltag und kirchliche Schulen.

 

Schulbuchverlage, Bildungsinstitutionen, Technik-Start-Ups: Insgesamt rund 730 Aussteller waren auf der didacta 2023 in Stuttgart vertreten. Neben aktuellen Angeboten aus den Bereichen frühe Bildung, Schule und Hochschule bis hin zur Erwachsenenqualifizierung standen in diesem Jahr auch die Chancen der Digitalisierung im Fokus. Wo stehen wir bei der Digitalisierung unseres Bildungssystems? Welchen Einfluss haben Künstliche Intelligenz und Chatbots wie ChatGPT auf das Lernverhalten von Kindern und Jugendlichen? Wie können Mitarbeitende hinreichend für die Zukunft in der Bildung qualifiziert werden? Wie begegnen wir dem Fachkräftemangel? Wie soll die Schule der Zukunft aussehen und was wird sie leisten müssen? Diese und viele weitere Fragen waren Thema des vielfältigen Messeprogramms mit Podiumsdiskussionen, Workshops und Vorträgen.

Digitale Erinnerungskultur

Einige dieser Themen standen auch am gemeinsamen Stand der evangelischen und der katholischen Kirche an allen Tagen der Bildungsmesse auf dem Programm. Jonas Müller, Referent für Social Media am Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, und Olav Richter, Studienleiter für Medienpädagogik am Religionspädagogischen Institut der Evangelischen Landeskirche in Baden, stellten gemeinsam das das Thema digitale Erinnerungskultur vor. Dafür gaben sie erste Einblicke in das Projekt #everynamecounts, das an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Im Rahmen der Initiative der Arolsen Archives sind Schülerinnen und Schüler aufgerufen, Informationen über Opfer des Nationalsozialismus in ein Online-Archiv einzutragen. Die benötigten Dokumente, die die Schicksale der rund 17,5 Millionen betroffenen Menschen belegen, sind bereits eingescannt und im Archiv auffindbar. Die Teilnahme am Projekt #everynamecounts biete die Möglichkeit, Erinnerungskultur an einem konkreten Beispiel deutlich zu machen, erklärte Olav Richter, der per Live-Stream zum Stand der Kirchen zugeschaltet war.

Augmented Reality im Unterricht

Ebenso passend zum Themenbereich Digitalität erhielten die Gäste am Stand der Kirchen zudem einen praktischen Einblick, wie Lehrkräfte digitale Ideen im Unterricht mit Hilfe von Augmented Reality (dt.: erweiterte Realität) umsetzen können. Friederike Wenisch vom Pädagogisch-theologischen Zentrum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Simone Dinse de Salas von der Religionspädagogischen Koordinierungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart gaben zuerst eine kritisch-reflektierte Einführung in das Thema Augmented Reality. Im Anschluss stellten die beiden Expertinnen für Lernen im Kontext der Digitalität verschiedene Online-Angebote vor, die Lehrkräfte rechtssicher im Unterricht nutzen können. Sie nannten unter anderem die Apps Reality Composer, Augmelity und CoSpacesEdu.

Syrisch-orthodoxer Religionsunterricht

Was macht man eigentlich im syrisch-orthodoxen Religionsunterricht? Diese Frage beantwortete Josef Önder vom Ökumenischen Institut für Theologie und Religionspädagogik an der PH Schwäbisch Gmünd zahlreichen Interessierten. Der promovierte Theologe und Religionspädagoge arbeitet selbst als syrisch-orthodoxer Religionslehrer und betonte den Wert seines Unterrichtsfaches. „Religiöse Bildung prägt. In keinem anderen Schulfach hat man die Möglichkeit so offen über Gott und die Welt zu sprechen wie im Religionsunterricht“, sagte Önder. Er selbst verstehe sich als Bindeglied zwischen der syrisch-orthodoxen und der evangelischen sowie katholischen Kirche.

Nachhaltige Actionbounds

Einen weiteren Schwerpunkt während der Messetage stellte das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung dar. Inhaltlich präsentierten Sarah Behling-Vogelmann von der Religionspädagogischen Koordinierungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Frauke Liebenehm vom Theologisch-Pädagogischen Zentrum der Evangelischen Landeskirche Württemberg digitale Unterrichtsmaterialien für den Themenbereich Globales Lernen im Religionsunterricht. Dabei stellten sie unter anderem Actionbounds des Bischöflichen Hilfswerks Misereor und des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt vor.

Modenschau mit fair produzierter Kollektion

Einblicke in die Praxis einer Fairtrade School gaben die Schülerinnen und Schüler des Bachgymnasiums in Mannheim, die gemeinsam mit ihren Lehrkräften einen Eine-Welt-Laden an ihrer Schule betreiben. Eine Besonderheit ist die faire Modekollektion, die von den Mitgliedern der Schulgemeinschaft selbst entworfen und verkauft wird. Ein gelungenes Beispiel für Nächstenliebe, die zum Tragen kommt. Die Schülerinnen und Schüler berichteten nicht nur von ihrem Engagement in Sachen Nachhaltigkeit, sondern führten ihre Kollektion am Stand der Kirchen auch einem begeisterten Publikum selbst vor.

Wem wird Bildung gerecht? Kirche als Bildungsträgerin

Abschließend gingen Patrick Krug, Direktor der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg, und Stefan Hermann, Direktor des Theologisch-pädagogischen Zentrums der Evangelischen Landeskirche Württemberg, der Frage "Wem dient Bildung?" nach. Krug betonte, gerechte Bildung setze beim einzelnen Kind an. Es gelte, Potenziale zu erkennen und anschließend dazu passende Angebote zu machen. "Unabhängig vom Geldbeutel und Bildungsstand der Eltern", ergänzte Krug. Er wünsche sich zudem, den Blick dafür zu schärfen, dass der Mensch nicht erst mit einer Gymnasialempfehlung anfangen. "Wer, wenn nicht wir kann es schaffen, das Potenzial dieser Kinder zu heben", sagte der Stiftungsdirektor über den Auftrag kirchlicher Schulen. Auch Stefan Hermann betonte, Kirche müsse sich engagieren. "Menschen entdecken zu lassen, was sie können, das ist Gerechtigkeit und da kann Kirche viel beitragen", so der evangelische Theologe. Kirche dürfe sich nicht von der Zivilgesellschaft abschließen.

Nächste didacta 2024 in Köln

An allen Messetagen der didacta 2023 gaben Pädagogen, Politiker und Bildungsakteure Einblicke in Themen rund um kirchliche Schulen, Religionsunterricht, Antisemitismusprävention und Digitalisierung. Die beiden Kirchen gehörten zu den rund 730 Ausstellern, die in diesem Jahr in Stuttgart vertreten waren. Vom 7. bis 11. März haben sich insgesamt etwa 56.000 Besucherinnen und Besucher über die Themenbereiche „Frühe Bildung“, „Schule/Hochschule“, „Berufliche Bildung“ und „Digitales“ informiert. Die nächste didacta wird vom voraussichtlich vom 20. bis 24. Februar 2024 in Köln stattfinden

Von Maike Müller