Aufsicht während der Nachmittagsbetreuung führen, die Lehrkräfte im Unterricht unterstützen und den Bestand der Schulbibliothek digitalisieren: Sunita Hameeds Aufgaben am katholischen Gymnasium Calvarienberg sind vielseitig und umfassend. Seit März 2019 ist die 26-jährige Pakistanerin aus Sadhoke nun schon Teil der Schulgemeinschaft – und bestens integriert. „Für mich ist das eine ganz besondere Erfahrung. Ich bin glücklich, dass ich hier sein kann und habe schon viel gelernt“, erzählt die junge Frau auf Deutsch. Schon in Pakistan hat sie erste Sprachkenntnisse erworben. Nun hilft ihr eine Lehrerin der Schule beim Lernen.
Soziales Projekt für christliche Kinder in Pakistan
Hameed ist bereits die vierte Freiwillige aus Pakistan, die das Kollegium des katholischen Gymnasiums in Trägerschaft der Ursulinen unterstützt. „Allerdings ist Sunita erst die zweite, die so direkt bei uns eingebunden ist. Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger waren hauptsächlich in anderen Einrichtungen und Institutionen in der Region tätig“, berichtet Schulleiterin Annette Gies. Angefangen hat alles mit dem Projekt „Brücken bauen – Welten verbinden“, einer sozialen Aktion, mit der die Schule seit 2007 Geld für die Bildung von christlichen Kindern und Jugendlichen in Pakistan sammelt. „Über das Hilfswerk missio haben wir Kontakt zu Father Emmanuel Asi bekommen, der uns berichtet hat, dass viele christliche Familien in Pakistan nicht genug Geld haben, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Unsere Schülerinnen und Schüler waren direkt Feuer und Flamme und wollten helfen“, berichtet Religionslehrerin Susanne Alertz, die das Projekt koordiniert. Father Emmanuel Asi ist Priester und leitet die katholische Bibelkommission in Pakistan.
Reverse-Programme: Kultureller Austausch als große Chance
Der südasiatische Staat ist mehrheitlich sunnitisch-muslimisch geprägt. Christen bilden eine religiöse Minderheit und werden unterdrückt und verfolgt. Nach Angaben der Hilfsorganisation Open Doors belegt das zwischen Afghanistan und Indien gelegene Land Platz fünf im Weltverfolgungsindex.
Beflügelt von der Idee zu helfen, gründeten die Schülerinnen und Schüler eine Pakistan-AG, die bis heute mit Aktionen wie Basaren, Konzerten und dem Verkauf von Waffeln Geld für den Schulbesuch christlicher Kinder in Pakistan sammelt. Seit 2012 arbeitet das katholische Gymnasium zudem mit dem Verein SoFiA (Soziale Friedensdienste im Ausland) des Bistums Trier zusammen, der neben Freiwilligendiensten für deutsche Jugendliche im Ausland auch Reverse-Programme organisiert. „So haben die Schüler die Chance, jemanden aus dem Land kennenzulernen, für das sie Geld sammeln, Werbung machen und Interesse wecken wollen. Sie bekommen so ein ganz anderes Gefühl dafür“, freut sich Gies über die Zusammenarbeit.
Vielseitige Aufgaben am Einsatzort Schule
Neben ihrer Arbeit im Unterricht, in der Nachmittagsbetreuung im Tagesinternat und in der Schulbibliothek ist Sunita Hameed natürlich auch in der Pakistan-AG aktiv. Sie hat zum Beispiel ein Kochbuch mit Speisen aus ihrer Heimat erstellt, das die Schüler ins Deutsche übersetzt haben. „Und ich habe einen Online-Chat mit Jugendlichen aus meinem Heimatland organisiert“, berichtet die Freiwillige. Auf diese Weise hatten die deutschen und pakistanischen Jugendlichen die Möglichkeit, sich einmal direkt auszutauschen. „Es ist sehr schön zu sehen, dass wir zu einer Welt gehören. Wir können gemeinsam einen Blick über die Grenze wagen“, erklärt Projektleiterin Susanne Alertz.
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Große Hilfe in Corona-Krise
Aktuell in der Corona-Krise ist Sunita Hameed noch in einem weiteren Angebot der Schule aktiv: einer improvisierten Kita für die Kinder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das wäre ohne Sunita gar nicht möglich. Es ist wirklich eine große Bereicherung, dass sie bei uns ist“, betont Schulleiterin Annette Gies. Und auch darüber hinaus bereichere die Freiwillige den Schulalltag. „Wenn Sunita von ihrem Leben in Pakistan erzählt, ist das ein enormer Erkenntnisgewinn für unsere Schüler. Der kulturelle Austausch ist eine tolle Chance“, so Gies. Und auch Hameed freut sich über das Interesse der deutschen Kinder und Jugendlichen. „Es ist schön, dass die Schüler so viel über meine Heimat erfahren wollen. Ich habe von ihnen auch viel über die deutsche Kultur gelernt.“ Der Austausch ist vor allem durch die Unterstützung des Vereins SoFiA möglich, der die Organisation übernimmt. Finanziert wird das Programm durch den Lerndienst weltwärts, den Internationalen Jugendfreiwilligendienst, das Bistum Trier sowie Spenden.
Brücken zwischen Pakistan und Deutschland
Im Juli endet für Sunita Hameed ihre Zeit als Bundesfreiwilligendienstleistende am Gymnasium Calvarienberg. Danach möchte die junge Pakistanerin in Deutschland bleiben und eine Ausbildung absolvieren. Wenn das nicht klappt, wird sie wieder in ihre Heimat zurückkehren und in der Organisation von Father Emmanuel Asi arbeiten, wie auch schon vor ihrem Aufenthalt in Ahrweiler. So oder so ist durch ihren Aufenthalt wieder eine neue Brücke entstanden zwischen Pakistan und Deutschland.
Von Maike Müller