Der stellvertretende Schulleiter Ulrich Lipperheide hat die Jungen in der Aula zusammengetrommelt. Die Wahl der neuen Schülervertretung steht an. Doch die Jungen sind unruhig, der Geräuschpegel in der Halle ist noch zu hoch. Ein paar mahnende Worte von Lipperheide genügen und es ist still. Dann ist Georg an der Reihe, der amtierende Schülersprecher, und schwört seine Mitschüler auf die Wahl ein. Schließlich organisieret die Gruppe Schulfeste und sitzt mit in der Schulkonferenz - eine Menge Verantwortung.
Verantwortung ist ein Schlüsselwort an der Bonner Jungenschule. "Das ist etwas, das wir aus der Internatszeit übernommen haben, dass alle mitbeteiligt sind und auch Verantwortung tragen", erklärt Schulleiter Peter Billig. Es gibt zum Beispiel einen schuleigenen kleinen Zoo mit Geckos, um die sich die Jungen kümmern - auch an Weihnachten, Ostern und in den Sommerferien. Und auch die Eltern sind an wichtigen Entscheidungen rund um die Schule beteiligt, erklärt der Leiter. "Die sind ja nicht nur da, um Kuchen für irgendwelche Klassenfeste zu backen. Die entscheiden mit, der Rat der Eltern ist wichtig."
Tradition als Ordensschule
Das Collegium Josephinum in Trägerschaft der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen wurde ursprünglich als Internat gegründet, zur Ausbildung des geistlichen Nachwuchses. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Schultüren auch anderen Jungen, sogenannten Externen offen. 1976 wurde das Gymnasium um eine Realschule erweitert. Auch heute bleibt die Schule seinen Wurzeln treu: Gebete vor und nach dem Unterricht, vierzehntägliche Schulmessen und gemeinsame Gottesdienste mit den Familien, sowie religiöse Projekt- und Besinnungstage gehören zum Schulleben dazu.
Und noch etwas ist von der Ordenstradition geblieben: die Unterstützung für Schwächere. Ein vielfältiges Betreuungsprogramm, wie zum Beispiel Hausaufgabengruppen, öffnet die Schule auch am Nachmittag. Außerdem wird ein Mittagstisch angeboten. "Das ist besonders für die Kinder von Alleinerziehenden wichtig", so Billig.
Jungen lernen unter sich
Das Kollegium um Billig und Lipperheide legt Wert darauf, dass die Individualität jedes einzelnen Schülers am Cojobo, wie die Schule kurz genannt wird, im Vordergrund steht - gerade als katholische Einrichtung. Bildung soll eine Schlüsselfunktion in der Entwicklung einnehmen. Am Josephinum bedeutet das eben auch, dass Jungen beim Lernen unter sich bleiben. Sie brauchen oft eine direktere Ansprache, ist sich Matthias Schöndube sicher, der am Jungengymnasium Latein und Französisch unterrichtet. Und noch etwas beobachtet der Lehrer: "Hier werden durchaus Fächer gewählt, die Jungen nicht unbedingt zugeordnet werden. Wir haben zum Beispiel immer einen Französisch-Leistungskurs." Ganz "mädchenfrei" ist das Josephinum aber doch nicht. In der Oberstufe werden die Kurse mit denen der benachbarten Mädchenschule zusammengelegt.

© Collegium Josephinum Bonn
Schule als Erziehungsgemeinschaft
Der gute Ruf der Schule, das Prädikat "katholisch" und auch die Jungen-Pädagogik seien durchaus Gründe für die Schulwahl von Eltern und Kindern, sind sich Leiter und Lehrer sicher. "Teilweise gibt es schon Josephiner in zweiter und dritter Generation an der Schule. Wir nehmen hier eigentlich Familien auf", erklärt Billig mit einem Augenzwinkern. Schon nach der Einschulung gibt es für Jungen, Eltern und Lehrer einen Kennenlern-Tag an dem auch die Schulleitung und der Seelsorger des Hauses teilnehmen. "Sich mit der Schule zu identifizieren ist ein Thema für die ganze Familie", erklärt Schöndube.
Es sei mehr, als Dienst nach Vorschrift, sagt Billig, wenn er die Schulatmosphäre beschreibt. Und von "Erinnerungspotenzial" spricht sein Stellvertreter. Die enge Verbindung der Schüler mit ihrer Schule sei der beste Beweis. "Wenn die Jungs studieren oder arbeiten, sind sie vielleicht wieder etwas weiter weg. Aber sie rufen an, wenn sie heiraten oder ihre Kinder taufen lassen wollen", erzählt Lipperheide. Und dann merken die Lehrer: Da ist etwas hängen geblieben.
Von Maike Müller