Frage: Am Donnerstag haben sich Vertreterinnen und Vertreter Katholischer Schulen in Trägerschaft des Erzbistums München und Freising getroffen, um über den Klimawandel zu sprechen. Worum ging es konkret bei diesem Treffen?
Sandra Krump: Es haben jeweils drei Schülerinnen und Schüler aus den Umweltteams jeder Schule teilgenommen sowie die Lehrkraft, die das Team leitet und betreut. Diese Gruppen engagieren sich bei uns seit über drei Jahren in zahlreichen Projekten. Am Vormittag unserer „Kleinen Klimakonferenz“ haben sich die Teilnehmer in Workshops mit Führungskräften aus der obersten Verwaltungsebene des Ordinariats getroffen – Ressortleitungen, Hauptabteilungsleitungen. Dabei haben sie sich zu Themen wie Energieversorgung, Mobilität, Ernährung, nachhaltiges Bauen, Umgang mit Außenflächen an den Schulen und dem Forst der Erzdiözese ausgetauscht. Am Nachmittag kam dann Kardinal Reinhard Marx zum Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern. Wir waren sehr beeindruckt, wie fachkundig die Schülerinnen und Schüler in diesen Themen waren – bei den Workshops und auch im Gespräch mit dem Kardinal, der sich sehr offen und mit großem Interesse mit ihnen ausgetauscht hat. Es war eine sehr engagierte Diskussion auf Augenhöhe, die sich um die Fragen nach Schöpfungsverantwortung und Nachhaltigkeit gedreht hat: Was machen wir schon? Wo gibt es noch offene Fragen? Wo würden wir gern mehr voneinander wissen? Und was sind die Dinge, die wir konkret gemeinsam anpacken wollen?
Frage: Und welche Dinge sind das? Oder anders gefragt: Welche Ergebnisse sind aus der Klimakonferenz hervorgegangen?
Krump: Was den Schülerinnen und Schülern sehr wichtig war, sind verbindliche Vereinbarungen und konkrete Schritte, zum Beispiel mit Blick auf das Schulessen und den Pausenverkauf. Die Erzdiözese München und Freising hat seit 2016 bereits Nachhaltigkeitsrichtlinien. Jetzt wollen wir aber noch einen Schritt weitergehen und diese Dinge aus dem freiwilligen Bereich auf eine verbindliche Ebene heben.
Wir werden unter anderem eine neue Funktion einrichten, einen zentralen Fachberater beziehungsweise eine zentrale Fachberaterin für die Umweltteams an den Erzbischöflichen Schulen. Auf diese Position können sich Lehrerinnen und Lehrer ab sofort bewerben und bekommen dafür fünf Anrechnungsstunden. Das heißt, die Lehrkraft wird einen vollen Tag in der Woche ohne Unterricht sein, um sich um die Vernetzungsarbeit der Schulen in diesem Bereich und um die Unterstützung bei der dauerhaften Integration der Thematik Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung in Strukturen, Unterricht und Schulleben zu kümmern. Genauso wird es zukünftig Anrechnungsstunden für die Umweltbeauftragten an den Schulen geben. Zudem stellen wir für jede Schule 1.500 Euro pro Jahr bereit, um Projektideen zu finanzieren.
Sandra Krump (r.) bei der "Kleinen Klimakonferenz" im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern
Darüber hinaus hat Kardinal Marx den „Laudato-Si-Preis“ angekündigt, mit dem künftig herausragende Projekte für Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit gewürdigt werden sollen. Das ist insgesamt ein wirklich tolles Ergebnis so einer Veranstaltung. Ab September gibt es dann Folgetreffen, in denen sich die Umweltteams vernetzen und weiterarbeiten können.
Frage: Wie ist die Idee für die „Kleine Klimakonferenz“ entstanden? Wer ist da auf wen zugegangen?
Krump: Über „Fridays for Future“ haben unsere Umweltteams noch einmal einen ordentlichen Schub bekommen. Einerseits haben sich die dort engagierten Lehrkräfte Gedanken gemacht, wie sie auf die Initiative reagieren können. Und zeitgleich haben wir uns im Ordinariat auch diese Frage gestellt. Beide Seiten haben unabhängig voneinander die Idee für eine Klimakonferenz entwickelt und nachdem wir uns gegenseitig darüber ausgetauscht hatten, haben wir angefangen zu planen und zu organisieren.
Frage: Ist Klimaschutz ein Thema, das besonders kirchliche Schulen etwas angeht?
Krump: Eigentlich geht das Thema natürlich jeden etwas an. Aber unsere Schulen sind durch „Laudato si“ und alles, was in letzter Zeit in diesem Bereich auch von unserer Erzdiözese auf den Weg gebracht worden ist, besonders beeinflusst. Ich glaube schon, dass der Aspekt der Schöpfungsverantwortung dem Thema Nachhaltigkeit für Christen noch einmal mehr Gewicht verleiht.
Frage: Sie haben „Fridays for Future“ eben bereits angesprochen. Seit Monaten demonstrieren Jugendliche im Rahmen dieser Initiative für den Klimaschutz. Was denken Sie, wenn Sie diese Jugendlichen sehen?
Krump: Ich denke, dass das eigentlich eine Bewegung ist, die der ganzen Gesellschaft Hoffnung geben sollte. Da engagieren sich junge Menschen und haben es geschafft, das Thema Klimaschutz endlich wieder in das öffentliche Bewusstsein zu bringen. Das ist ja nicht irgendein Thema, sondern eine ganz zentrale Zukunftsfrage. Besonders für die junge Generation, aber nicht nur. Gerade, wenn man im Bildungsbereich aktiv ist, richtet sich die Tätigkeit immer auf die nachfolgende Generation aus und die Frage, wie deren Leben gelingen kann.
Frage: Ist die Initiative ein Thema an den Schulen des Erzbistums München und Freising?
Krump: Das ist natürlich ein riesen Gesprächsthema. Und es hat dem Engagement, das es an den Schulen schon gab, einen zusätzlichen Push verliehen. Was mich immer sehr freut, ist, dass die Schülerinnen und Schüler an unseren Schulen ihren Forderungen so viel Glaubwürdigkeit durch ihr Handeln verleihen, auch wenn das Einschnitte im eigenen Lebensstil bedeutet. Einige Schulen stellen zum Beispiel ihr Fahrtenprogramm um, sodass nicht mehr geflogen wird, sondern alle Fahrten mit Bus und Bahn stattfinden. Und das halte ich auch für wichtig: Dass man sich politisch engagiert, Forderungen stellt und diesen gleichzeitig durch Veränderungen im eigenen Lebensstil Glaubwürdigkeit verleiht.
Frage: Nehmen auch Schülerinnen und Schüler Ihrer Schulen an den „Fridays for Future“-Demonstrationen teil?
Krump: Ja, es nehmen immer wieder welche teil.
Frage: Wie geht das Erzbistum München und Freising als Schulträger damit um? Gibt es eine gemeinsame Linie?
Krump: Wir haben schon frühzeitig mit unseren Schulleitungen darüber gesprochen und das Verteilen von Verweisen allen halten wir nicht für sinnvoll. Wir möchten, dass man pädagogisch darauf reagiert, wenn Schülerinnen und Schüler am Freitag dem Unterricht fernbleiben, um an solchen Demonstrationen teilzunehmen. Unsere Schulen sind aufgefordert, das Engagement der Jugendlichen positiv aufzugreifen, durch Projekttage zu diesem Thema und in den Umweltteams. Zugleich muss man schon klarmachen, dass Schule und Bildung ein wertvolles Gut sind. Wissen fällt ja nicht vom Himmel, das muss man sich erarbeiten. Gute Schulbildung ist auch ein Garant dafür, dass man Einfluss nehmen kann. Jetzt und später im beruflichen Leben. Und ich glaube, das haben die Schüler in den Diskussionen während unserer Klimakonferenz auch gemerkt – ohne ihr Wissen und ihre Fachkunde wären sicher nicht so gute und konkrete Ergebnisse möglich gewesen, wären die Diskussionen ganz anders verlaufen.
Frage: An vielen Schulen war der Umweltschutz auch schon vor den Demonstrationen präsent. Wie sieht es da bei den Schulen im Erzbistum München und Freising aus? Können Sie ein paar Beispiele nennen?
Krump: Das St. Ursula-Gymnasium in Lenggries hat ein Lehr-Labyrinth rund um den Ökologischen Fußabdruck gestaltet und ist dafür sogar mit dem Deutschen Klimapreis ausgezeichnet worden. Schülerinnen des Maria-Ward-Gymnasiums in München haben die Schülerfirma „MyCleanBottle“ gegründet, die personalisierte Filzhüllen für Glasflaschen produziert, um Plastik zu vermeiden. Dafür sind die Schülerinnen sogar auf Landesebene ausgezeichnet worden und haben an einem Bundeswettbewerb für Schülerfirmen teilgenommen. An fast jeder Schule haben wir mittlerweile Bienen- und Imkergruppen, die Honig herstellen und das Schulgelände insektenfreundlich gestalten. Außerdem gibt es viele Schulgärten. Wieder andere haben sich als Fair-Trade-Schulen zertifizieren lassen. Viele dieser Projekte werden wir als Best-Practice-Beispiele in einer Broschüre vorstellen, die im Herbst veröffentlicht wird.
Schülerinnen stellen die Produkte ihrer Firma "MyCleanBottle" auf der Klimakonferenz in München vor
Frage: Wird das Engagement für Umwelt- und Klimaschutz in Zukunft noch wichtiger werden an kirchlichen Schulen?
Krump: Auf jeden Fall! Wir haben gemeinsam mit den Schulleitungen ein pädagogisches Grundkonzept für die Erzbischöflichen Schulen erarbeitet. In diesem Zusammenhang haben wir vier thematische Profilfelder festgelegt. Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung ist eines davon. Diese Profilfelder bilden auch eine Entscheidungsgrundlage in der Frage, wofür Schulleitungen und Träger finanzielle und personelle Ressourcen einsetzen. Das spiegelt sich auch schon in den Entscheidungen und Vereinbarungen wider, die auf der Kleinen Klimakonferenz getroffen wurden.
Die Fragen stellte Maike Müller, Redakteurin katholische-schulen.de
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