Grüße aus dem All: Schüler funken live zur ISS

  • Werte und Verantwortung | 10.07.2018

Ein zehnminütiges Livegespräch über 400 Kilometer Entfernung: Das hört sich eigentlich nicht besonders spektakulär an. Interessant wird es aber dann, wenn sich der Gesprächspartner im All befindet - und als Astronaut auf der Internationalen Raumstation ISS arbeitet. Schülerinnen und Schüler des Kardinal-Frings-Gymnasiums in Bonn hatten Anfang Juli die Chance, Alexander Gerst in einem Live-Chat alles zu fragen, was sie schon immer über das Leben im Weltraum wissen wollten.

 

„Noch zwei Minuten“, ruft einer der Funker durch die Turnhalle. Die Jungen und Mädchen treten nervös von einem Fuß auf den anderen. Aber Lasse, der ganz vorne am Mikrofon steht, bleibt locker. Auf ein Zeichen hin legt er los: „Delta Papa Null India Sierra Sierra from Delta Lima Null Lima. Do you copy?“. Sieben Mal muss er diesen Spruch ins All funken, bis endlich die ersehnte Antwort zu hören ist: „I copy you loud and clear – ich höre euch klar und deutlich“, sagt Alexander Gerst, der seit dem 6. Juni bereits zum zweiten Mal auf der Internationalen Raumstation ISS die Erde umrundet.

 

 

Gerst sende Grüße aus dem All nach Bonn

Doch für Begeisterungsstürme ist jetzt keine Zeit. Die Schülerinnen und Schüler des Erzbischöflichen Kardinal-Frings-Gymnasiums in Bonn haben jetzt die Chance, dem Astronauten Löcher in den Bauch zu fragen, solange die Leitung ins All steht. „Wie haben Sie es geschafft, zuerst als Astronaut und dann sogar als Kommandant ausgewählt zu werden? Over.“, lautet die erste Frage. So genau wisse er das selbst eigentlich auch nicht, antwortet Gerst, nachdem der es sich vorab nicht nehmen ließ erst einmal „alles Gute aus dem All“ nach Bonn zu senden. Vor allem habe er stets das gemacht, wovon er geträumt habe, erklärt er. Sein Weg habe ihn dann eben in diesen Beruf geführt.

 

 

Kardinal-Frings-Gymnasium ist eine von 15 Schulen

Während der siebenmonatigen „Horizons“-Mission – die Landung ist für Dezember geplant – steht der promovierte Geophysiker insgesamt 15 Schulen live aus dem All Rede und Antwort. Dass auch das Kardinal-Frings-Gymnasium sich über einen der begehrten Live-Chats mit „Astro-Alex“ freuen kann, damit geht für den stellvertretenden Schulleiter Markus Möhring ein Traum in Erfüllung. Schließlich habe er schon die erste Mondlandung im Fernsehen verfolgt und sei seitdem an dem Thema drangeblieben.

Zwei Jahre Vorbereitung auf den großen Tag

Bevor das Schulfest am 3. Juli rund um den Funkkontakt zur ISS realisiert werden konnte, musste Möhring zwei Jahre lang so einige Hebel in Bewegung setzen: Eine Bewerbung an den Amateurfunk auf der Internationalen Raumstation (Projekt ARISS) schreiben, Kontakte zu Amateurfunkern suchen und sich mit den Schülern Fragen ausdenken. Dabei haben er und seine Kollegen versucht, Anknüpfungspunkte zu finden, zwischen dem, was im Unterricht passiert, aber auch im All vorkommt. „Viele Themen sind natürlich in den Naturwissenschaften zu finden. Aber wir wollten auch Werte vermitteln und den Schülern zeigen, wie wir uns für unsere Umwelt engagieren können“, erklärt Möhring. Zudem freut sich der Pädagoge über die vielen neuen Kontakte, die aus dem Projekt entstanden seien. „Wer weiß, was sich daraus noch entwickelt“, sagt Möhring.

 

 

Hilfe von Funkern und Raumfahrtprofis

Betreut wurde die Schule in der Vorbereitung auf den großen Tag durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Wir haben bei der Planung des Programms geholfen, Material und Videos zur Verfügung gestellt und die Fragen mit vorbereitet“, berichtet DLR-Mitarbeiter Martin Fleischmann. Für den reibungslosen Kontakt ins All sorgt ein Team des Deutschen Amateur Radio Club aus Leverkusen. „Die Funker liefern die Technik und kümmern sich um den Ablauf – und das alles ehrenamtlich“, lobt Fleischmann. Neben Gerst steht den Jugendlichen im Rahmen des Schulfestes sogar noch ein weiterer Raumfahrer Rede und Antwort. Reinhold Ewald hatte 1997 knapp einen Monat auf der russischen Raumstation Mir verbracht.

 

 

Eine Brücke zwischen Wissenschaft und Glaube

Bernadette Schwarz-Boennecke (Foto unten r.), Leiterin der Hauptabteilung Schule/Hochschule im Erzbistum Köln, ist ebenfalls dabei, als die Schülerinnen und Schüler ins Weltall funken. Bei so einem Projekt gehe es immer auch darum, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Glaube zu schlagen, sagt sie nach dem Live-Chat. „Nachfragen und dranbleiben. Im Glauben, im Leben und in der Wissenschaft“, ermutigt Schwarz-Boennecke.

 

 

Zehn Minuten Funkkontakt ins All

Ob sich sein Blick auf die Welt durch die Mission im All verändert habe, wollen die Jugendlichen noch von Alexander Gerst wissen. „Für mich ist die Menschheit zusammengerückt. Wir leben zusammen auf einem kleinen, kleinen Boot und wir müssen schauen, dass wir miteinander klar kommen“, antwortet der Astronaut. Knapp zehn Minuten hält der Funkkontakt, der die Turnhalle des Kardinal-Frings-Gymnasiums mit der Internationalen Raumstation verbindet – solange, wie die ISS über Deutschland fliegt. Als sich das Ende des Live-Chats mit einem lauter werdenden Rauschen ankündigt, bleiben einige Fragen unbeantwortet. Etwa, ob es für den Astronauten schwieriger werde, an Gott zu glauben, seit er die Erde von außen gesehen habe. Doch die Stimmung in der Halle ist ausgelassen und lauter Applaus erfüllt den Raum. Den dürfte auch Alexander Gerst noch gehört haben, bevor der Funkkontakt abbricht und die ISS die Reichweite der eigens für das Ereignis auf dem Dach der Schule montierten Antennen verlässt.

 

Text: Maike Müller

Bilder: ESA - S. Corvaja; Erzbistum Köln/Thieben

Video: Erzbistum Köln

 

 

Kontakt:

Kardinal-Frings-Gymnasium

Elsa-Brändström-Str. 71 - 91

53227 Bonn

Tel.: 0228/421610

www.kardinal-frings-gymnasium.de