Die St. Marien-Kirche im Bonner Stadtteil Bad Godesberg war voll besetzt an diesem Dienstagmorgen im Mai. Kinder, Jugendliche und Erwachsene saßen dicht gedrängt in den Bänken, lauschten den Klängen des Schülerchors und des bunt gemischten Projektorchesters. Die Schulgemeinschaft des Erzbischöflichen Clara-Fey-Gymnasiums feierte am 8. Mai ihre Schulpatronin mit einem Festgottesdienst. Der jährlich stattfindende Gedenktag zu Ehren der Ordensschwester stand in diesem Jahr anlässlich ihrer Seligsprechung umso mehr im Zeichen ihres Lebens und Wirkens. Lehrer Torben Zepke hatte im Vorfeld eigens eine Messe für Clara Fey geschrieben. Der Kölner Weihbischof Ansgar Puff, der den Festgottesdienst zelebrierte, sagte zum Abschluss: „Clara Fey hat ein Leben geführt, das anderen geholfen hat zu wachsen. Danke, dass ihr das als Schulgemeinschaft weiterführt.“
Auf den Spuren der Namenspatronin
Anschließend begaben sich die Schülerinnen und Schüler des katholischen Gymnasiums in Trägerschaft des Erzbistums Köln selbst auf die Spuren ihrer berühmten Schulgründerin. In insgesamt 24 Projektgruppen, aufgeteilt nach Schulklassen, beschäftigten sich die Mädchen und Jungen mit Themen wie „Weibliche Vorbilder nach Clara Fey kennenlernen“, „Was ist eine Seligsprechung?“ oder „Kinderarmut heute“.
Kämpferin für die Opfer der Industrialisierung
Clara Fey (1815 – 1894) wurde als Tochter eines Tuchfabrikanten in Aachen geboren. Durch ihr sozial aufgeschlossenes Umfeld erkannte sie schon früh für das Leid vieler Kinder und Jugendlicher zur Zeit der Industrialisierung. Mit einer Gruppe junger Frauen gründete Fey eine Armenschule für Mädchen. Später entstand aus der Gemeinschaft ein Orden der heute weltweit tätig ist: Die Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesu.
Kunstprojekte rund um Clara Fey
Die Mädchen der 8a kamen Clara Fey im Rahmen eines Fotoprojektes auf die Spur. Zudem hatte sich die Gruppe um Lehrerin Barbara Dreesen im Kunstunterricht bekannte Zitate der Ordensschwester aus Aachen angeschaut und auf bunt bemalten Leinwänden festgehalten. Die Kunstwerke stimmten die Besucher des Festgottesdienstes am Morgen bereits mit Texten wie „Erweitere dein Herz“ und „Wir müssen in jedem Kind Ihn sehen“ auf das Wirken der Seliggesprochenen ein. Schon 2009 hatte Dreesen die Schulpatronin in den Mittelpunkt eines Kunstprojektes gestellt (s. Bild oben). Das Ergebnis, ein Portrait Clara Feys zusammengesetzt auf vielen farbigen Einzelstücken, ziert noch immer einen der Flure des Gymnasiums.
Gymnasium mit bi-edukativem Konzept
Die einstige Mädchenschule hat 2008 ein bi-edukatives Konzept eingeführt. Das heißt, Mädchen und Jungen werden in den Klassenstufen fünf bis neun in getrennten, geschlechtsspezifischen Lerngruppen unterrichtet. In der gymnasialen Oberstufe besuchen Schülerinnen und Schüler dann bis zum Abitur gemeinsame Kurse.
Seligsprechung der Schulgründerin im Aachener Dom
Etwa ein halbes Jahr lang habe ein kleiner Arbeitskreis innerhalb des Kollegiums den Projekttag anlässlich der Seligsprechung vorbereitet, erklärte Joachim Meurer. Der Mathe- und Religionslehrer war auch Teil einer kleinen Delegation des Gymnasiums, die am 5. Mai dem großen Tag „ihrer Clara“ im Aachener Dom beiwohnten. „Man hatte den Eindruck, Clara Fey wird fast wie ein Popstar gefeiert“, so der Pädagoge.
Eine Frau mit Mission
Mit seinem Oberstufenkurs diskutierte Meurer im Rahmen des Projekttages das geistige Leitwort Clara Feys: Manete in me (dt.: Bleibet in mir). Die angehenden Abiturienten beschäftigten sich unter anderem mit der Frage, welchen Stellenwert das eigene Glück wohl im Leben der Ordensschwester eingenommen haben könnte. „Es gibt einen Unterschied zwischen glücklich und glückselig sein. Ich glaube sie hat gewusst, dass Sie einen Platz in der Welt hat, den sie ausfüllen muss. Sie hatte eine Mission“, sagte die 17-Jährige Lisa. „Clara hatte die Kraft all das auch umzusetzen, mit allem was dazu gehört. Sie hat gemerkt, allein sich zu kümmern, reicht nicht. Sie musste politisch werden und Strukturen schaffen“, fügte Meurer hinzu. Und ergänzte: „Ich glaube, sie tat das alles nur, weil sie sich als Werkzeug Gottes empfand. Sie wurde gespeist durch eine Selbstdefinition durch Gott heraus. Claras Traum: Manete in me.“
Von Maike Müller