Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrkräfte der Liebfrauenschule in Coesfeld sowie Eltern und Gäste haben Anfang April eine Bühne für den Frieden eröffnet. Damit setzten die Teilnehmenden ein Zeichen für Solidarität. „Wir erfahren in den letzten Wochen wie zerbrechlich unsere Sicherheiten sind und wie gefährdet unsere Ordnung“, sagte eine Teilnehmerin. „Fassungslos erleben wir, wie Machthaber die Freiheit und das Leben vieler Menschen zerstören, dabei skrupellos über Leichen gehen“, formulierte eine andere. „Es ist wichtig, nicht vor Angst zu erstarren, sondern aktiv zu werden“, ist ein Studierender überzeugt. So wurde eine Bühne für den Frieden eröffnet, um ein leuchtendes Zeichen von Menschlichkeit in dieser dunklen Zeit zu setzen. Texte, Musikstücke, Briefe, Kurzgeschichten, Gedichte, Reiserfahrungen, Gespräche, Gebete sowie eine Bilderbuchgeschichte kamen zum Thema Frieden auf der kleinen Bühne zu Gehör.
Gebete, Texte und Lieder auf Bühne für den Frieden
Die Schülerinnen und Schüler hatten ebenso eigene Texte und Gebete verfasst. Eine Schülerin sang ein Lied der Comedian Harmonists in Erinnerung an ihren Großvater. Der Bogen spannte sich von „Imagine“, „Die Küchenuhr“ von Wolfgang Borchert, „Der Graben“ von Kurt Tucholsky, „The Green Fields of France“, „Sag mir, wo die Blumen sind“ über Zitate, wie der Krieg Kinder berührt und sie sich Frieden wünschen, bis hin zum Reisebericht über den Transport von Spendengütern für die Ukraine der Liebfrauenschule bis nach Warschau. Eine Geschichtslehrerin erzählte von der Schwierigkeit, Antworten zu finden in dieser Kriegszeit – gerade auch für russischstämmige Schülerinnen und Schüler an der Schule.
© Liebfrauenschule / Anja Möllers
Zum Abschluss verteilte eine Schülerin selbstgestaltete Kerzen als Friedenslichter, die alle Teilnehmenden in den Händen hielten. Sie sprach ein selbstformuliertes Gebet für die Opfer von Krieg und Gewalt, und die Menschen in der Ukraine sowie in Russland. Die Initiatorinnen dankten dem Ehepaar Widal herzlich für ihre Bereitschaft, die „Bühne für den Frieden“ im Laden „Unverpackt“ errichten zu dürfen. Die beiden hatten sich spontan für das Projekt begeistert und die Möglichkeit dazu geschaffen.
„Solidarität geht“ am St.-Pius-Gymnasium in Coesfeld
Sportlich ging es am St.-Pius-Gymnasium in Coesfeld zu. Seit Jahrzehnten gehört der Solidaritätslauf zugunsten des Hilfswerks Misereor in der Fastenzeit zum Programm der fünften und sechsten Klassen der bischöflichen Schule. Coronabedingt konnte er allerdings in den vergangenen zwei Jahren nicht stattfinden. Umso motivierter waren die Fünftklässler Anfang April beim Endspurt auf die Kirche des Klosters Gerleve in Billerbeck. Neben dem Banner führten sie erstmals auch zwei Regenbogenfahnen und die ukrainische Fahne als Zeichen von Toleranz und Solidarität mit sich. „Wir sind glücklich, dass wir diese Tradition wieder weiterführen können, auch wenn es für die Fünft- und Sechstklässler vorsichtshalber getrennte Solidaritätsläufe gibt“, erklärte Michaela Rissing. Die Lehrerin engagiert sich gemeinsam mit dem Team der Schulseelsorge besonders rund um die Fastenaktion des Hilfswerks Misereor, denn das St.-Pius-Gymnasium ist seit 2014 Misereor-Partnerschule.
„Solidarität geht“, so lautete passenderweise das Motto des zehn Kilometer langen Gangs von der Schule in Coesfeld zum Kloster. Mit ihrer Ankunft in Gerleve hatten die Schülerinnen und Schüler die erste Etappe geschafft. Sie stärkten sich zunächst mit einem Frühstück, bevor es zum Wortgottesdienst in die Klosterkirche ging. Den feierten sie gemeinsam mit Michaela Rissing, Schulseelsorgerin Melanie Kolm, Marc Dörrich an der Orgel und Benediktinerpater Norbert Bücker. „Wir engagieren uns für Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns“, richtete Michaela Rissing das Wort an die Fünftklässler. Unterstützt werden mit den Spenden Klimaprojekte in Bangladesch und auf den Philippinen, das Patenprojekt der Schule „Butterflies“ in Delhi sowie in diesem Jahr auch Menschen in Ukraine. „Durch euren Einsatz können wir ihnen Hoffnung und Hilfe zukommen lassen. Wir zeigen uns solidarisch mit denen, die mehr Schutz brauchen“, lobte sie das Engagement der Kinder.
Klimagerechtigkeit als Thema im Unterricht
In den vergangenen Wochen war die Klimagerechtigkeit immer wieder Thema im Unterricht gewesen. „Eine neunte Klasse hat sich dazu Gedanken gemacht, dass wir über unsere Verhältnisse leben und in anderen Ländern Menschen unter den extremen Wetterlagen leiden. Sie haben eine Doppelstunde für die Jahrgangsstufen fünf und sechs ausgearbeitet“, berichtete Michaela Rissing und fügte hinzu: „Das Konzept ‚Schüler unterrichten Schüler‘ hat wunderbar funktioniert.“ Neben der Unterstufe haben sich auch andere Klassen der Schule mit verschiedenen Aktionen beteiligt. Sie haben beispielsweise Plätzchen gebacken und Süßigkeiten verkauft oder Pfandflaschen gesammelt. So kommen in diesem Jahr rund 7600 Euro zusammen, die an das Hilfswerk weitergeleitet werden. Zudem kann Michaela Rissing 1120 Euro aus dem Süßigkeitenverkauf der Schülerinnen und Schüler an die Nothilfe Ukraine überweisen.
Podiumsdiskussion mit Experten am Overberg-Kolleg
Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine richtet auch das Overberg-Kolleg in Münster den Blick nach Osten und hört fassungslos die Geschichten der Menschen in der Ukraine. Mit Winfried Nachtwei, dem ehemaligen sicherheitspolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, begrüßten Schüler und Lehrer des Bischöflichen Weiterbildungskollegs am 25. März einen ausgewiesenen Experten für außenpolitische Sicherheitsfragen.
© Overberg-Kolleg
Nachtwei erläuterte die historisch-politischen Hintergründe des Krieges und die tagesaktuellen Entwicklungen und stellte konkrete Handlungsmöglichkeiten vor, von humanitärer Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer über eine Nato-Flugverbotszone bis hin zu diplomatischen Maßnahmen der Konfliktlösung. Von Anfang an machte er klar, dass dieser Krieg auf Geheiß der politischen Führung Russlands – namentlich Putin – geführt werde, und warnte vor Pauschalisierungen, Russinnen und Russen sowie Menschen mit russischer Migrationsvorgeschichte in Deutschland betreffend. Der Angriffskrieg sei von der UN-Vollversammlung mit überwältigender Mehrheit verurteilt worden.
Diskussion über außenpolitische Sicherheitsfragen und Medien
Im Anschluss stand Winfried Nachtwei den Studierenden in einem Podiumsgespräch Rede und Antwort. In mehreren Fragerunden, jeweils moderiert von Schülerinnen und Schüler aus der AG „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ baten sie um seine Einschätzung der langfristigen Bedeutung dieses Krieges für die Politik der westlichen Demokratien und die Weltpolitik sowie für die Demokratiebewegung in Russland selbst. Nachtwei ließ außer Frage, dass dieser Krieg die Weltordnung neu bestimmen werde und dass westliche Demokratien – insbesondere im Kontext der Nato – sich derzeit gezwungen sähen, im Sinne einer Abschreckung wieder aufzurüsten. Gerade in Deutschland sei dies lange für unvorstellbar gehalten worden, so sehr sei man an Demokratie und Frieden gewöhnt und hielt sie für selbstverständlich. Die russische Demokratiebewegung habe leider wenig Chancen: Putin und sein Regime hätten, so Nachtwei, das Land in eine Diktatur umgewandelt mit allen Formen der Unterdrückung der Meinungsfreiheit.
Gefragt nach der medialen Performance der beiden Präsidenten, die unterschiedlicher nicht sein könne, betonte Nachtwei den enormen Einfluss des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf die Widerstandskraft und den Durchhaltewillen der ukrainischen Streitkräfte und Zivilgesellschaft, hier habe eine Nation durch den Krieg zusammengefunden. Der medialen, unüberschaubaren Vielfalt an Informationen mit unterschiedlichem Wahrheitsgehalt und auf unterschiedlichsten Kanälen stellte Nachtwei die gewissenhafte und verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit den Medien gegenüber und verwies auf Medien, die verhältnismäßig umfangreich und verlässlich tatsachenbasiert über den Krieg berichten würden. Etwas länger rang er um eine Antwort auf die Frage, wie er mit den verzweifelten Lebensgeschichten umgehe, die gerade durch die Sozialen Medien die Lebenswelt jüngerer Generationen erreichten.
(mam)