„Unsere Jugendlichen sind einer neuen Qualität an Werbung ausgesetzt."

  • Bildung um des Menschen willen | 16.09.2025

Wie werden Kinder und Jugendliche durch Social Media beeinflusst? Im zweiten Teil unserer Interviewreihe mit Simone Meinen, Gymnasiallehrerin und Leiterin der DigitalRunde aus dem Bistum Trier, geht es um den Umgang mit Werbung und  Social Media im (Schul-)Alltag und im Unterricht.  

Frau Meinen, das Smartphone ist ein Alltagsbegleiter für Kinder und Jugendliche geworden. Es zeigt uns in Social Media häufig eine perfekte Welt. Wie sollen Kinder und Jugendliche damit umgehen?

Es ist wichtig, mit den Kindern über diese Themen zu sprechen. Dazu muss ich als Lehrkraft aber auch Bescheid wissen und Teil dieser neuen Entwicklung – Social Media und KI – sein. Das fällt – zugegeben – manchmal schwer. Ich habe mich schon zu alt gefühlt, um YouTube und YouTube-Influencer nachzuvollziehen, weil ich die Inhalte anders wahrnehme und verstehe. Ich kann tatsächlich auch nicht verstehen, was an Instagram-Influencern oder sogar an TikTok so großartig sein soll. TikTok ist für mich persönlich sehr weit weg. Dennoch sehe ich die Notwendigkeit, mich damit auseinanderzusetzen, denn es gehört zum Leben der Kinder sowie der Schülerinnen und Schüler, die mir anvertraut sind.

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Zur Person:

Simone Meinen ist Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Religion an einer Gesamtschule im Bistum Trier. Ihre Schwerpunkte im Unterricht liegen auf der kreativen Umsetzung von Unterrichtsideen mit digitalen Tools. Zusätzlich hält sie deutschlandweit Fortbildungen zu den Themen digitaler Unterricht und Künstliche Intelligenz im Unterricht. Sie ist außerdem Leiterin des digitalen Projektes DigitalRUnde im Bistum Trier. Dabei geht es um zeitgemäßen Religionsunterricht (lehren & lernen) unter den Bedingungen der Digitalität. Ziele sind die Vernetzung von Religionslehrer*innen unterschiedlicher Schularten, die Entwicklung von Plattformen und Formaten für Austausch & Kooperation, zielgerichtete Fortbildung & Beratung und die digitale Qualifizierung von Religionslehrer*innen. Regelmäßig veröffentlicht sie dazu einen Newsletter. Des Weiteren entwickelt sie ein Blog, der die praktische Basis der Arbeit wiederspiegelt.

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Der Umgang mit Social Media sollte in Zukunft also zum Bildungsauftrag eines Lehrers oder einer Lehrerin gehören?

Ich denke, auch ich als Lehrerin muss mich damit auseinandersetzen und reflektieren. Meine Grundeinstellung zu diesen Dingen ist in dem Moment, in dem ich vor den Schülerinnen und Schülern stehe, zweitrangig. Ich muss verstehen, wie Kinder denken und womit sie konfrontiert sind.

Meine Aufgabe ist es, den Jugendlichen vor Augen zu führen, dass diese Welt vielleicht schön aussieht, aber dass unsere Lebenswirklichkeit anders ist. Und dass wir trotzdem ein lebenswertes Leben führen – auch wenn wir nicht zum Yoga-Retreat nach Hawaii fliegen, kein großartiges Auto fahren oder nicht das neueste Handy besitzen. Unser Alltag wird von anderen Dingen bestimmt. Ich muss verdeutlichen, dass Influencer-Marketing eine Marketingstrategie ist. Das sind nicht ihre Freunde, sondern gezielte Werbemaßnahmen. Als Lehrkraft kann man das aber nur erklären und zeigen, wenn man diese Strategien verstanden hat und die Notwendigkeit erkennt, sich damit auseinanderzusetzen.

In welchen Themenbereichen im Religionsunterricht würden Sie das unterbringen wollen?

Beispielsweise in den Zehn Geboten. Hier lässt das Gebot „Du sollst nicht begehren…“ schon eine Auseinandersetzung zu: Inwieweit lässt und Instagram ein anderes Leben „begehren“, wie viel Neid wird durch die Beiträge der Influencer geweckt? Ich erweitere diese Unterrichtseinheit über die Zehn Gebote gerne um das Thema Gewissen. Zur Gewissensfrage habe ich einmal eine Hausaufgabe aufgegeben: Die Schülerinnen und Schüler sollten sich selbst im Alltag beobachten und darauf achten, was ihre Entscheidungen beeinflusst.

 

Digitale Unterrichtsideen mit KI: die Empfehlungen der DigitalRUnde

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Und was haben die Jugendlichen über sich selbst herausgefunden?

Tatsächlich waren sie sehr überrascht, als sie erkannten, dass die meisten Entscheidungen von äußeren Einflüssen geprägt sind. Sie stellten fest, dass sie Entscheidungen treffen, weil sie etwas irgendwo gesehen haben und es selbst ausprobieren wollen. Sie wollten beispielsweise Freunde beeindrucken oder genau dieses Fotomotiv von sich posten, weil es gerade „in“ war, weil es alle machen.

In der Reflexion im Unterricht erkannten die Jugendlichen, dass diese Beeinflussung fest in ihrem Alltag verankert ist. Zum Beispiel galt es eine Zeit lang als trendy, eine „Sleek“-Frisur zu tragen. Das von einer Influencerin empfohlene Gel wurde gekauft, damit die Haare genauso aussahen, wie sie sollten.

Andere Schülerinnen und Schüler nutzten einen auf Social Media beworbenen Füller oder besuchten ein Konzert, weil es in den entsprechenden digitalen Kreisen geteilt worden war. Es gab im Endeffekt niemanden, der keine Beeinflussung bei sich gefunden hat.

 

Der Einfluss von Werbung ist jetzt nicht neu. Werbung gab es doch schon immer, und auch wir Erwachsene werden von ihr beeinflusst.

Ja, das stimmt, früher gab es auch schon Werbung. Der Unterschied zu heute ist jedoch, dass Kinder und Jugendliche durch die Präsenz in den digitalen Medien viel umfassender beeinflusst werden. Es ist nicht mehr nur die Stunde Werbung im Fernsehen oder das Werbeblatt im Briefkasten oder in einer Zeitschrift – Werbung ist ständig um sie herum. Man kann ihr nicht mehr entkommen, indem man den Fernseher ausschaltet oder die Zeitung zuklappt. Das ist eine neue Qualität, der keine Generation zuvor so ausgesetzt war. Hinzu kommt die Personalisierung durch Algorithmen. Die Werbung ist viel zugeschnittener auf die Zielgruppe – und damit attraktiver.

(Interview: Claudia Klein)

 

Die DigitalRUnde aus dem Bistum Trier beschäftigt sich mit zeitgemäßem Religionsunterricht unter den Bedingungen der Digitalität. Sie erstellen Unterrichtsideen, die sich mit digitalen Tools umsetzen lassen und testen sie im Unterricht. Hier finden Sie den digitalen Direktdraht zur DigitalRUnde oder melden Sie sich für den Newsletter an.

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(ck/Simone Meinen)

 

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